Keidel, Carl – „75 Jahre Stuttgart – 1884 bis 1959“
Halbleder – 19,50 Euro - ISBN keine – Gewicht 1650 g
Artikel-Nr.: 01090keidel
Erschienen 1959 – Erstauflage – Originalausgabe Städtische Sparkasse und Städtische Girokasse Stuttgart – Festschrift zum 75-jährigen Bestehen der Städtischen Sparkasse Stuttgart – illustriert – mit einem Geleitwort von Dr. Klett, Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart
Zustand des Buches: Der Lederrücken des Buches zeigt ein paar Abriebspuren, insgesamt ist das Buch für sein Alter in einem sehr guten Zustand. Da das Buch lange auf einem Dachboden vergraben war, hat es einen leicht muffigen Geruch
Gemütliche Residenz – Textauszug vom Anfang des Buches:
Wenige Jahre nach der Reichsgründung, um die Mitte der siebziger Jahre, war die Haupt- und Residenzstadt Stuttgart in die Reihe der deutschen Großstädte mit 100.000 und mehr Einwohnern gerückt. Eine Großstadt war es trotzdem nicht und hatte auch gar nicht den Ehrgeiz, es zu sein. Es war vor allem Residenz. Pünktlich, wenn es vom Stiftskirchenturm Mittag schlug, zog tagtäglich mit Tschingtarabum die Schlosswache von der Rotebühlkaserne die Königstraße abwärts zur alten Akademie, in deren großem Hof mit dem schönen, von Platanen umstandenen Thouret’schen Löwenbrunnen die Ablösung erfolgte. Das Musikkorps konzertierte währenddessen in dem gusseisernen Pavillon auf dem Schlossplatz, den die Königlichen Hüttenwerke Wasseralfingen nach dem Geschmack der Zeit geliefert hatten. Wer im damaligen Stuttgart übrige Zeit hatte und sich gerne sehen ließ, traf sich zu jener Stunde unter den jungen Kastanien, die vor dem Schloss nach 1870 gepflanzt worden waren, beim „Ständerling“: Offiziere, Kunstmaler, Couleurstudenten, Hofschauspieler, alte Standesherren mit ihren Pudelhunden. Die gleichen Herrschaften versammelten sich am späten Nachmittag entweder in den Cafés Bechtel, Königsbau, Reinsburg, oder beim traditionellen Königstraßenbummel. Auch in den belebtesten Stunden war der Verkehr auf dieser einzigen repräsentativen Straße nie so stark, dass nicht jeder einen jeden bemerken konnte, den er zu sehen oder auch nicht zu sehen wünschte. Alle diese Herrschaften kannten einander. So etwas wie ein Gedränge gab es nicht. Man hatte Zeit, wunderbar viel Zeit. Am Schlossplatz stand in den achtziger Jahren noch, mit dem Schloss durch einen „Bogen“ verbunden, das alte, so oft schon umgebaute Hoftheater, in dessen Innerem sich das ehemals berühmte Lusthaus von Georg Beer verbarg. Daneben, wo einige Jahre später der Olgabau seine prunkvolle Fassade im französischen Barockstil präsentierte, hatte sich noch das alte, bescheidene Dannecker’sche Ateliergebäude erhalten, das mit dem einst Vellnagel’schen Haus an der Ecke zusammen das von unseren Großvätern mit Vorliebe besuchte Café-Restaurant Bechtel bildete. Vom Hotel Marquardt gegenüber auf der anderen Seite der Königstraße war vorerst nur der an die alte Bahnhofshalle sich unmittelbar anschließende Mittelbau errichtet, während das Eckhaus mit den zwei Balkonen, das ebenfalls Wilhelm Marquardt gehörte, das Café Gauger beherbergte. Es dauerte noch einige Zeit, bis die zweite Marquardtgeneration an dieser bald schon prominentesten Ecke des alten Stuttgart den repräsentativen Prachtbau errichtete, von wo aus dann der gastronomische Ruf der Stadt in alle Welt drang. Die Eröffnung geschah 1906. Marquardt, Olgabau, Landesgewerbemuseum – drei Monumentalbauten von schwerstem Kaliber, Errungenschaften eines einzigen Jahrfünfts: unsere Väter hatten wahrlich Grund, sich mächtig stolz zu fühlen. Die Stadt änderte ihr Gesicht. Die Residenz wurde allmählich großstädtisch. Gemütlich waren diese protzigen Bauten freilich nicht mehr. Manchen Bürger wandelte ein leichter Schauder an, wie Heimweh nach der guten alten, ach so bescheidenen Zeit, wenn er daran vorüberging. Hinein gingen nur die wenigsten.
Am oberen Ende der Königstraße, Ecke der Marienstraße, der ehemaligen „Lehmgrube“, war man baukünstlerisch noch lange nicht soweit. Da ragte als breit hingelagerter Querriegel noch immer die alte Legionskaserne in die Straße herein, die Herzog Karl Eugen 1753 für seine Gardelegion als reinen, nüchternen Zweckbau errichtet hatte. Es war ein recht langweiliger, schließlich zu nichts mehr zu gebrauchender, ellenlanger Kasten, bemerkenswert einzig und allein durch die Tatsache, dass der Regimentsmedikus Friedrich Schiller hier ein Jahr lang die 240 halbinvaliden Grenadiere des Generals Augé zu verarzten hatte. Im Jahr 1905 entschloss man sich, den tristen Bau abzureißen und auf dem umfangreichen Areal den Wilhelmsbau und dahinter die Kleine Königstraße zu errichten, mit Passage zu dem hier 1909 eröffneten Schauspielhaus, in dessen Fundament pietätvollerweise ein Stück Mauerwerk der alten Kaserne eingebaut werden musste. Damit war ein seit Jahrzehnte völlig vernachlässigter, im Brennpunkt des Verkehrs gelegener Straßenraum endlich für Ladengeschäfte und ein Restaurant großstädtisch genützt. Noch galt als Losung für die Zukunft, dass die Stadt sich nur dem Nesenbach entlang neckarwärts entfalten könne. König Wilhelm I. hatte die Richtpunkte gewiesen: Sein Landhaus Bellevue, unmittelbar am Neckarufer gegenüber Cannstatt, wo er mit seiner Katharina die glücklichsten Jugendjahre erlebt hatte, dann als Ersatz das maurische Badhaus Wilhelma, darüber das Schloss Rosenstein auf dem Hügel des Kahlenbergs und die dem Kronprinzen Karl gehörige „Villa Berg“ jenseits der königlichen Anlagen – nur dorthinaus öffnete sich, so dekretierte der König, ein Weg aus dem Talkessel in Stuttgarts Zukunft. Dort, auf der linken Uferseite, breitete sich auch der einzige, topfebene, geräumige Platz, wo nicht nur die Soldaten exerzieren, wo auch Volksfeste großen Stils, so schön wie auf der Münchner Theresienwiese gefeiert werden konnten: der Wasen. Eine böse Hungersnot und deren glückliche Überwindung waren der Anlass: Am 28. September 1818 fand auf Grund einer Verfügung des Königs das erste Volksfest auf dem Cannstatter Wasen statt, als dessen Zweck er „Ermunterung zur fortschreitenden Verbesserung der Viehzucht“ bezeichnete. Thouret, der Fest-Arrangeur par excellence, hatte eine fast tausend Meter im Umfang messende Arena mit ovaler Rennbahn errichtet, die von Sitztribünen umsäumt war. Fast 30.000 Bauern und Stadtleute schauten sich die Pferderennen an und ließen die preisgekrönten Farren, Ochsen, Kühe, Schafe, Ziegen und Schweine an sich vorbeidefilieren. Das Königspaar selbst und die Hofleute betrachteten das Fest von einer hohen Säulenhalle aus, die der Italiener Salucci entworfen hatte. Gegenüber dem Königspavillon hatte Thouret eine fünfzehn Meter hohe Festsäule errichtet, die von einem breitausladenden Korb mit Weinlaub, Baumfrüchten und einem Kranz von Ähren gekrönt war. Im Gegensatz zum Münchener Oktoberfest, das wenige Jahre zuvor gestiftet worden war und vierzehn Tage dauern sollte, glaubte König Wilhelm seinen Landeskindern nur einen einzigen Festtag gönnen zu dürfen. Keine andere Stiftung König Wilhelms ist so populär geworden und hat eine für die Schwaben in aller Welt so heimatverbundene Tradition geschaffen wie das auch heute noch alljährlich in den letzten Septembertagen gefeierte Cannstatter Volksfest, das auch die vielen Schwabenvereine in Amerika alljährlich in alter Treue mit etlichen Fässern echt schwäbischen Weins begeistert zu feiern pflegen, in Chicago allein schon über achtzigmal.
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